Griechenland-Krise: Die 10 wichtigsten Antworten

1. Wie sollte der griechische Schuldenschnitt ablaufen?
Der Plan war, über 90 Prozent der Investoren dazu zu bewegen, freiwillig auf 53,6 Prozent des Werts ihrer Anleihen zu verzichten. Rechnet man die Zinsen dazu, beträgt der Verlust satte 74%. Gelingt das bis Donnerstag, werden am Montag 12. März die Anleihen getauscht und danach das 130-Milliarden-Hilfspaket an Athen ausgezahlt, und Griechenland wäre vorerst gerettet.

2. Warum die Eile?
Griechenland müsste am 20. März 14,5 Milliarden Euro an Investoren auszahlen. Dieses Geld ist allerdings nicht vorhanden. Gelingt der Schuldenschnitt nicht vorher, rutscht das Land mit diesem Termin in eine unkontrollierte Pleite.

3. Was, wenn sich weniger als 90% der Investoren beteiligen?
Griechenland hat am 23. Februar ein Gesetz verabschiedet, mit dem unwillige Investoren zum Schuldenschnitt gezwungen werden können. Dazu müssen mehr als die Hälfte auf die Aufforderung zum Schuldenschnitt geantwortet haben – und diese wiederum mit Zweidrittelmehrheit beschließen, dass die anderen unfreiwillig mitmachen müssen. Die erste Bedingung ist bereits erfüllt. Das heißt: Wer nicht freiwillig verzichtet, wird eben dazu gewungen.

4. Wann ist Griechenland technisch pleite, und wer bestimmt das?
Sobald Griechenland Investoren dazu zwingt, auf einen Teil ihres Geldes zu verzichten, ist das Land technisch zahlungsunfähig. Die Feststellung dazu kommt von einer Institution namens ISDA – der International Swaps and Derivatives Association. Diese stellt fest, ob ein „credit event“ eingetreten ist und daher die Kreditausfallsversicherungen CDS ausgezahlt werden.

5. Warum wurde so lange darauf bestanden, den Schuldenschnitt freiwillig zu belassen?
Das liegt am Bemühen, die Kreditausfallsversicherungen CDS nicht schlagend werden zu lassen. CDS lösten nach der Lehman-Pleite 2008 durch einen Dominoeffekt ein Erdbeben aus. Da nicht genau bekannt ist, wer Kreditausfallsversicherungen ausgegeben hat oder hält, sind die Folgen einer Pleite unklar. Die meisten Experten gehen allerdings von glimpflichen Folgen aus – die Banken haben sich auf die Pleite vorbereitet, die Netto-Kosten lägen bei 2,5 Milliarden Euro, zu tragen vor allem von Unicredit und deutschen Banken. Angesichts der bisher schon geflossenen Rettungsmilliarden für Banken ist das verrkaftbar – besonders, weil die Europäische Zentralbank den Banken seit Dezember 1000 Milliarden billiges Geld zugeschossen hat. Besonders betroffen ist allerdings österreichische notverstaatlichte Kommunalkredit: Sie hält fette 500 Millionen an griechischen CDS, die sie im Pleitefall auszahlen müsste.

6. Gewinnen also die Hedgefonds, die auf eine Pleite spekuliert haben?

Aller Wahrscheinlichkeit ja: Denn wenn der ZwangsSchuldenschnitt kommt, werden die Kreditausfallsversicherungen CDS ausgezahlt. Damit verdienen auch jene Hedgefonds Geld, die niemals griechische Anleihen hatten – sondern nur auf die Pleite gewettet haben. Eigentlich wollte die EU solche Wetten (ungedeckte CDS) verbieten, damit ein Euro-Land nicht von solchen Fonds schlechtgeredet wird. Doch das Gesetz scheiterte bisher am Widerstand der Finanzbranche.

7. Kann es sein, dass die Gläubiger zum Schuldenschnitt gezwungen werden – und trotzdem keine Kreditausfallsversicherungen ausgezahlt werden?
Das ist sehr unwahrscheinlich. Sollte es so kommen, ist der Markt für Kreditausfallsversicherungen (CDS) auf Staatsanleihen tot. Davor fürchten sich Spanien und Italien, die ohne Versicherung mehr Zinsen zahlen müssten.

8. Was passiert, wenn Griechenland unkontrolliert pleite geht?
Die Folgen sind schwer abzusehen, da es keine Regeln für den Bankrott von Staaten gibt. Gelingt der Schuldenschnitt nicht, wird auch das Hilfspaket nicht ausgezahlt. Griechenland kann dann keine Rechnungen mehr zahlen. Theoretisch könnte man griechische Besitztümer im Ausland beschlagnahmen – das ist in der EU aber fast unmöglich. Die griechische Wirtschaft würde sofort kollabieren, Griechenland wohl aus der Eurozone ausgeschlossen werden. Besonders betroffen wären Spanien und Italien, die dann nur mehr schwer Geld vom Finanzmarkt bekommen könnten. Doch für so große Länder ist der Euro-Rettungsschirm zu klein.

9. Warum verliert die Kommunalkredit vermutlich eine Milliarde Euro ?
Die verstaatlichte Kommunalkredit – bzw. ihre Nachfolgebank KA Finanz – wollte beim Schuldenschnitt nicht mitmachen. Nun wird sie wohl dazu gezwungen – und ist damit doppelt betroffen: Einerseits hält sie 480 Millionen an Staatsanleihen, die mit einem Schlag drei Viertel ihres Werts verlieren. Andererseits hat sie Kreditausfallsversicherungen (CDS) im Volumen von 500 Millionen ausgegeben, die sie dann auszahlen müsste. Mit Nebenkosten und Swaps summieren sich die Verluste auf eine Milliarde Euro. Da die Bank verstaatlicht ist, müssten das die Steuerzahler berappen.

10. Wie geht es jetzt weiter?
Szenario A: über 90 Prozent der Investoren beteiligen sich am freiwilligen Schuldenschnitt, es gibt keine Zwangsmechanismen. Dann ist Griechenland vorerst gerettet, das zweite Hilfspaket von 130 Milliarden wird ausgezahlt, ein drittes mit 50 Milliarden könnte folgen. Dieses Szenario gilt mittlerweile allerdings als unwahrscheinlich.

Szenario B: Jene Investoren, die sich bis Donnerstag abend am Schuldenschnitt beteiligen, stimmen mit Zweidrittelmehrheit dafür, dass auch andere Anleihenhalter auf ihr Geld verzichten müssen. Dann tritt der Kreditfall ein. Für die Kommunalkredit heißt das eine Milliarde Verlust.