WikiLeaks: Ja dürfen die das denn?

Corinna Milborn über WikiLeaks und die Folgen. NEWS Nr. 49/10 vom 09.12.2010

WikiLeaks-Gründer Julian Assange ist in Haft. Doch die Internetplattform stellt weiter US-Depeschen ins Netz. Die Betroffenen, allen voran die USA, unternehmen alles, um den Fluss an geheimen Dokumenten zu stoppen. Doch erstens sitzt das Internet am längeren Ast: 1.005 Server spiegeln WikiLeaks bereits. Und zweitens verkennen sie den Medienwandel: Traditionelle Medien haben in den USA das Recht, geheime Dokumente zu veröffentlichen. Sie gehen damit mal mehr, mal weniger verantwortungsvoll um. Warum soll ein Internet-Medium weniger dazu legitimiert sein? Tatsächlich ist selbst in den USA nicht klar, welcher Strafbestand infrage käme – und wo der Unterschied zur „New York Times“ liegt, die dieselben Dokumente druckt.

Julian Assange wurde für ein anderes Delikt verhaftet: Er hat kein Kondom verwendet, obwohl seine Partnerin das wollte. Wäre nicht der Geruch nach politischer Verfolgung, könnte man über so viel Verve bei der Verfolgung von Sexualstraftaten fast erfreut sein. Ist man doch sonst weit entfernt davon: Der Bürgermeister von Feldkirch etwa, der bald wegen Verdachts auf Vergewaltigung vor Gericht steht, wurde nicht per internationalen Haftbefehl gesucht und sitzt auch nicht in U-Haft, sondern in seinem Büro. Er bleibt im Amt.